MONITOR - Ausgabe 2/2001 - Lösungen

Highspeed Cabling / Gasometer Wien

Verkabelt "für alle Fälle"

Die Gasometer in Wien Erdberg werden großzügig umgebaut und revitalisiert. Dabei wurde für die Daten- und Informationstechnologie eine leistungsfähige und moderne Verkabelung installiert, die ganz besondere Eigenschaften aufweist. Monitor sprach mit Prokurist Ing. Reinhold Decker und Leander Schmidt von Highspeed Cabling über dieses neue Projekt, bei dem neben Geschäftslokalen erstmals auch Wohnungen des kommunalen Wohnbaus in diese universelle Verkabelung mit einbezogen wurden.

 

Adolf Hochhaltinger

Ungewöhnlich an dieser Verkabelung ist schon beim ersten Blick, dass es keine "analoge" oder "digitale" Verkabelung ist, sondern eine "universelle" - beides ist gleichermaßen möglich.

Mit anderen Worten: die hier verwendeten Kabel weisen eine Grenzfrequenz von mehr als einem Gigahertz auf. Man hat sich auf diese physikalische Aussage geeinigt, weil die verschiedenen Übertragungsverfahren oft auch Gigabit-Datenraten übermitteln, ohne dass tatsächlich ein so hoher Frequenzbereich verwendet wird, beispielsweise durch Nutzung mehrerer Datenwege parallel oder durch eine leistungsfähige Datenkompression, die die tatsächlich erforderliche Geschwindigkeit auf der Leitung trotz hoher übertragener recht kräftig reduzieren kann.

Die hier verwendeten Kabel können alle Signale von Gleichspannung (= 0 Hz) bis zu 1,2 GHz (= 1.200.000.000 Hz) übertragen. Dabei ist es völlig egal, ob das darauf übertragene Signal analog oder digital ist. Dies erfordert von so manchen, die bereits auf die (heute schon fast allgegenwärtige) digitale Übertragung fixiert sind, ein Umdenken.

Vier Leitungen

Das hierbei verwendete Kabel bietet eigentlich vier voneinander unabhängige "Leitungen": es hat vier Adernpaare eingebaut, die - einzeln geschirmt - mit den unterschiedlichsten Inhalten "gefüttert" werden können. Dabei bleibt es völlig dem Anwender überlassen, welche Signale er über die einzelnen Leitungen schicken möchte.

Das kann sogar von einer Wohnung zur nächsten beziehungsweise von Büro zu Büro völlig unterschiedlich sein. So kann etwa über das eine Adernpaar ein (HF-) Fernsehsignal geschickt werden, während daneben die Daten eines Netzwerkes über zwei Adernpaare (hin und zurück) fließen, und über das vierte Adernpaar läuft zum Beispiel das Signal für die gesamte Lautsprecheranlage im Gebäude: Berieselungsmusik und die gelegentlichen Durchsagen. Man kann aber auch über freie Adernpaare eine analoge Gegensprechanlage inklusive Videoübertragung an die Verkabelung anschließen.

Generell ist ja eine der Anwendungen dieser innovativen Verkabelung die Verbindung beziehungsweise Vernetzung der verschiedenen Geräte im Büro oder im Haus. Einer der Vorteile, der sich aus dieser Technik ergibt, ist die Einfachheit so mancher Verkabelung. So wäre es beispielsweise rein technisch auch möglich, jeden Rauchmelder an ein lokales Netzwerk anzuschließen. Dann kommt aber speziell in einem solchen Fall wohl der Aufwand für die Umsetzung des einfachen Alarmsignals in ein netzwerkgerechtes Datenformat teurer als die hier praktizierte (Mit-) Nutzung der Multimedia-Verkabelung.

Multimedia-Verkabelung

Aus diesem Grund ist hier auch von einer "Multimedia-Verkabelung" die Rede. Allerdings bedeutet "Multimedia" beim PC, dass alle Inhalte in digitaler Form transportiert, gespeichert und verarbeitet werden. Bei dieser "Multimedia-Verkabelung" dagegen bleibt es dem Anwender überlassen, ob er analoge (TV, Radio, Audio, etc.) oder digitale Signale über dieses Kabel schicken möchte. Er (beziehungsweise der Bauherr) kann hier selbst bestimmen, was er hier nutzen möchte.

Natürlich sind diese Kabel zugleich auch eine leistungsfähige Netzwerkverkabelung mit der erwähnten Bandbreite von 1,2 GHz . Aber es ist eben noch mehr als das. Es ist ein universelles Verkabelungssystem, das dem Anwender alle Freiheiten lässt.

Spezieller Stecker

Um all diese Möglichkeiten realisieren zu können, mussten sowohl das verwendete Kabel als auch der eingesetzte Stecker sehr sorgfältig ausgewählt werden. Hier einigte man sich schließlich auf das Verkabelungssystem "ELine 600" von Kerpen special.

Eine der Besonderheiten dieses Systems ist es, dass die Steckdose vier Felder zu je zwei Kontakten aufweist, der Gegenstecker ist wahlweise für das gesamte Kabel (alle 4 Felder), sowie für zwei oder ein Feld erhältlich.

Die vier Felder sind durch verschiedenfarbige Markierungen eindeutig voneinander zu unterscheiden. Welche Signale nun im Einzelfall über die vier "Farben" geschickt werden, bestimmt dann üblicherweise der Hausbesitzer im Einvernehmen mit den Bewohnern.

Flexible Grenzen

Beim Gasometer in Erdberg war aufgrund der baulichen Gegebenheiten - der große Innenhof muss beispielsweise "umgangen" werden, hier durften keine Leitungen verlaufen - eine größere Leitungslänge erforderlich. Diese aber konnte man hier mit einem Trick realisieren: Schließlich gelten die Längenbegrenzungen nur dann, wenn der Anwender den genannten Frequenzbereich bis 1,2 GHz auch voll ausnutzt.

Und dass genau dies hier nicht der Fall ist, dafür konnte man sorgen. Konkret wurde das SAT-TV-Signal hier so aufbereitet, dass die Frequenzen sämtlicher TV-Stationen auf den Leitungen unter der Grenze von etwa 600 MHz liegen. Mit dieser geringeren Bandbreite war dann die Einhaltung der geforderten größeren Leitungslänge von bis zu 120 m kein Problem mehr. Sollte die Anzahl der hier übermittelten TV-Kanäle allerdings stark ansteigen, dann wäre es für diese Lösung unter Umständen wieder ein Problem, alle Signale zu übertragen und trotzdem die Leistungslängen einzuhalten.

13.000 Anwender in Wien

Dass diese Technologie ihre Vorteile hat, beweist schon die Tatsache, dass alleine in Wien bis jetzt bereits mehr als 13.000 Anschlüsse damit verkabelt wurden. Die Liste der Anwenderfirmen reicht von Versicherungen (Generali) und Baufirmen (Bauholding) über Elektronik- und Computerfirmen (Rank-Xerox, Datakom) bis zu mehreren Schulen.

Eine Anwendungsmöglichkeit wäre beispielsweise das "Global Home". Dabei ist der PC an diese Wandsteckdose angeschlossen, daneben das Telefon und außerdem noch das TV-Signal, wie es eine kleine Satelliten-Station anbietet.

Die einzige Besonderheit bei diesem Signal: Da es normalerweise auf unsymmetrische Kabel geschickt wird, sorgt ein Symmetrierglied (Fachausdruck: ein "Balun", von BALanced/UNbalanced, den englischen Bezeichnungen für symmetrisch/unsymmetrisch) für die richtige Anpassung an das Kabel. Ein zweiter Balun, in das Kabel zwischen dem Wandauslass und dem TV-Antenneneingang gesteckt, vervollständigt die korrekte Anpassung an Leitung und Verbraucher und ist zugleich auch der Adapterstecker.

Dieser Balun - ein passives und billiges Bauteil, das bloß einen kleinen Transformator enthält - ist übrigens bei dieser Technologie das einzige insgesamt erforderliche "Anschlussgerät" - sehr im Gegensatz zu vielen "volldigitalen" Lösungen, bei denen dann doch die alten analogen Geräte weiter verwendet werden müssen, was dann jedoch nur unter Verwendung eines (meist recht teuren) Adapters möglich ist, der die analogen Signale des betreffenden Gerätes in die digitale Sprache des Netzwerkes übersetzt und umgekehrt (solche Geräte sind - nur zum Vergleich - grob gerechnet meist um etwa den Faktor 100 teurer als ein Balun).

Einer für alles

Weil in modernen Gebäuden sehr viele verschiedene Signale über diese Verkabelung laufen, hat sich inzwischen vielfach durchgesetzt, gleich zwei Kabel parallel und somit insgesamt acht Adernpaare zu installieren. Auch die Steckdosen dieses Systems sind bereits von Haus aus für zwei Stecker ausgelegt.

Welches Signal welchen Adern zugeordnet ist, das wird - ähnlich wie bei einer strukturierten Netzwerkverkabelung - in einem Patchfeld festgelegt, das beispielsweise in einem Schaltschrank am Gang eines jeden Stockwerkes untergebracht sein kann. Hier werden auch die einzelnen Adern ihren Funktionen zugeordnet, daher sollte nicht jeder Beliebige in diesem Schrank schalten und walten können.

Hier treffen die verschiedenen Signale in ihren "originalen" Kabeln ein und werden nach Bedarf auf die verschiedenen Adernpaare des Multimedia-Kabels gelegt. Auch nachträgliche Änderungen wie zum Beispiel das Umlegen eines Telefonanschlusses, wenn ein Mitarbeiter in ein anderes Zimmer übersiedelt, ist hier schnell und einfach per Umstecken durchgeführt und nicht einmal die Telefonanlage muss dabei umprogrammiert werden.

Auch die Signale bereits früher installierter Anlagen wie zum Beispiel einer alten TV-Überwachungsanlage können auch nachträglich noch in das System eingeleitet werden und dieses nun mitbenutzen. Damit gibt es die bei vielen, von Grund auf neuen Systemen gefürchtete Trennung der gesamten Installation in "zwei Welten" (alles Alte bleibt getrennt, das neue System kann ausschließlich mit den neuen Geräte arbeiten) bei diesem System nicht. Das gleiche gilt, wenn an einen alten Gebäudeteil ein Neubau angebaut werden soll. Auch hier müssen die bestehenden Leitungen nur einmal mit dem neuen System verbunden werden, Probleme gibt es dabei aber keine.

Kostenvorteil

Generell ergibt sich dabei ein Kostenvorteil, der um so größer ist, je mehr Dienste diese Verkabelung mitbenützen. Denn um so mehr einzelne (und in Summe ungleich aufwendigere) Verkabelungen - zum Beispiel für die TV-Anlage, für ein Lautsprechersystem, für die Zutrittskontrollen, für Melde- und Alarmleitungen, für Überwachungsfunktionen und nicht zuletzt auch für das Computernetzwerk - erspart sich der Anwender.

Bei den Kosten schneidet das Kabel selbst zwar nicht so vorteilhaft ab, es ist fast doppelt so teuer wie herkömmliche Kabel. Beim Einziehen allerdings hat es bereits wieder aufgeholt, schließlich hat der Elektriker hier nur ein Kabel einzuziehen statt vielen - und das spart seine (teure) Arbeitszeit.

Einzig die individuellen Anschlusskabel für die einzelnen Anwendungen - PC, Fernsehen, Telefon usw. - sind noch geringfügig teurer. Sobald sich das System jedoch durchsetzt, werden diese Kabel aber wohl ebenfalls billiger werden.

Zukunftssicher

Und sollte in entfernterer Zukunft dann doch einmal wirklich alles endgültig digital werden, so kann diese Verkabelung auch weiterhin genutzt werden. Sie ist dann eben die Basis für ein schnelles PC-Netzwerk, das dann bereits in alle Räume führt und als schnelle "strukturierte Verkabelung" auch in dieser neuen Funktion noch weitere Jahrzehnte lang problemlos (und vor allem ohne Umstellungsarbeiten!) funktioniert. Insbesondere die Möglichkeit dieses Systems, den Stecker in sogenannte Halb- und Viertelstecker (mit 4 beziehungsweise 2 Kontakten) aufzuteilen, schafft diese besondere Flexibilität.

Bis dies allerdings Realität wird, dürften noch einige Jahre vergehen, wie man etwa an dem wohl eher zähen Fortschritt bei der IP-Telefonie sehen kann. Solange dort die einzelnen Telefonapparate nicht wesentlich billiger werden und die Systeme nicht mehr Features bieten, wird sich die IP-Telefonie nach Meinung vieler Fachleute noch nicht auf breiter Basis durchsetzen. Und dies ist sicherlich ein Grund mehr, sich für diese leistungsfähige und universelle "Multimedia"-Verkabelung zu interessieren.

http://www.highspeed-cabling.at

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